Wer in den 1960er Jahren im österreichischen Bundesland Salzburg die Ferien verbrachte und von der Region Pongau in die Region Lungau fahren wollte, der musste einen großen und vor allen Dingen auch beschwerlichen Umweg über die Berge nehmen. Das kostete Zeit und in der kalten Jahreszeit auch Nerven. Als die Touristen, vor allem aus Deutschland immer zahlreicher wurden, musste sich das Bundesland Salzburg etwas einfallen lassen, um die Blechlawinen in den Griff zu bekommen, die sich im Sommer, aber auch Winter über die Straßen wälzten. Die Lösung der Probleme hieß ein Tunnel, der die beiden Ferienregionen Pongau und Lungau miteinander verbinden sollte.
Anfang der 1970er Jahre waren die Pläne so weit gereift, dass das Tunnelprojekt in Angriff genommen werden konnte. Die Bauarbeiten für den Tauerntunnel konnten starten, für eines der größten und aufwendigsten Bauprojekte, die in Österreich jemals verwirklicht wurden.
Ein Tunnel mit Geschichte
Die Idee einen Tunnel durch das Bergmassiv der Hohen Tauern zu bauen, ist nicht ganz so neu. Die Berge zwischen dem Salzburger Land und der Steiermark waren schon seit einigen Jahrhunderten „unterhöhlt“, allerdings für den Bergbau. Seit dem 13. Jahrhundert wurde in den Hohen Tauern Blei, Zink, Kobalt und vor allem aber das kostbare Silber abgebaut und im Laufe der Zeit entstand unter den Bergen eine Art Durchgang, den besonders Händler zu schätzen wussten. Österreich gab es damals noch nicht, Salzburg und die Steiermark waren autonome Staaten, die Zölle verlangten. Um diese zum Teil sehr hohen Zölle zu umgehen, entstand ein kleiner Grenzverkehr, der durch den sogenannten Niederen Tauern führte.
Auf einer Höhe von 2.300 m gab es zahlreiche Möglichkeiten von einem ins andere Land zu wechseln, eine Möglichkeit, die auch Schmuggler sehr zu schätzen wussten. Zwar gab es nur acht Kilometer vom unterirdischen Durchgang einen gut ausgebauten Pass über die Alpen zwischen Brenner und Pyhrn, aber besonders bei Schnee und Eis war es sehr beschwerlich, mit dem Handelsgut in der Rückentrage über die Berge zu gehen. Als der Bergbau immer mehr an Bedeutung verlor, wurde es still um den Grenzübergang unter der Erde. Erst der österreichische Alpenverein machte wieder auf den ca. 300 m langen Stollen aufmerksam, baute ihn aus und bot eine Gelegenheit für Wanderer über die Alpen von Salzburg in die Steiermark zu kommen, ohne große Umwege gehen zu müssen. An diese Geschichte knüpfte der Tauerntunnel an, dessen Bau Anfang der 1970er Jahre begann.
Die erste Röhre des Tauerntunnels
Der Tauerntunnel wurde zunächst nur mit einer Röhre geplant. Die Bauarbeiten begannen und am 19. Januar 1974 fand der Durchbruch statt. Die Röhre wurde am 21. Juni 1975 auf einer Länge von 6.401 m fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Insgesamt 44 km lang war das Stück zwischen den beiden Orten Eben in Pongau und St. Michael im Lungau. Damit wurde der Tauerntunnel ein Teil der Autobahn 10 und sehr schnell einer der meistbefahrenen Straßentunnel in Europa.
Ursprünglich war ein Tunnel mit zwei Röhren geplant, aber dieses Vorhaben scheiterte wie so viele große Bauprojekte am Geld. Zudem hatten die Verantwortlichen Angst vor einem zu großen Verkehrsaufkommen und so blieb es lediglich bei einem zweiten Tunnelportal. Zwar hatte die sparsame Variante mit Gegenverkehr ihre Vorzüge, aber so ganz zufrieden war im Grunde keiner. An besonders verkehrsreichen Tagen musste der Tauerntunnel mit einer Art Notlösung arbeiten, der sogenannten Blockabfertigung. Bei dieser Variante mussten die Autofahrer im Wechsel anhalten, um einen zügigen Verkehr durch die eine Tunnelröhre zu ermöglichen, Staus waren trotzdem an der Tagesordnung. Zum Teil bildeten sich Staus mit einer Länge von 25 km und mehr. Fünf Stunden Wartezeit stellten sowohl die Geduld der Einheimischen als auch der Feriengäste auf eine harte Probe.
Der Brand und die zweite Röhre
Dass Sparsamkeit nicht immer die richtige Lösung ist, das zeigte sich auf katastrophale Weise am 29. Mai 1999. Um 4:50 Uhr prallte ein LKW, der 24.000 Dosen Sprühlack geladen hatte und auf dem Weg nach Italien war, auf eine Fahrzeugkolonne von 13 Autos. Dabei riss der Tank des LKWs auf und der Treibstoff geriet in Brand. Innerhalb von wenigen Sekunden herrschte im Tauerntunnel eine Gluthitze von mehr als 1.200° Grad und das Feuer breitete sich rasend schnell zu beiden Seiten des Tunnels aus. 248 Feuerwehrleute und 15 freiwillige Wehren konnten aufgrund der enormen Hitzeentwicklung den Tauerntunnel zunächst nicht betreten und versuchten dann zu retten, was zu retten war, aber trotzdem kamen zwölf Menschen ums Leben, weitere 49 wurden zum Teil schwer verletzt. Heute erinnert nur noch eine Gedenktafel an den Unfall.
Nach dem Unglück wurde eine zweite Röhre gebaut, deren Durchbruch am 8. Juni 2008 erfolgte. 2011 wurde die zweite Röhre dann endlich im Rahmen eines Festakts für den Verkehr freigeben. Die zweite Tunnelröhre durch den Tauerntunnel kostete 230 Millionen Euro. Zeitgleich wurde die erste Röhre des Tauerntunnels nach dem Brand saniert. Die Blockabfertigung gehörte nach Beendigung der Bau- und Sanierungsarbeiten der Vergangenheit an.
Wie hoch ist die Maut im Tauerntunnel?
Wie in allen anderen Straßentunneln, so wird auch für die Durchfahrt durch den Tauerntunnel eine Maut fällig. Für alle Fahrzeuge, die nicht mehr als 3,5 Tonnen wiegen, beträgt diese Maut zehn Euro. Bezahlt werden muss am Tunneleingang. Da es sich um eine sogenannte Sondermaut handelt, besteht für den Tauerntunnel keine Vignettenpflicht, die Maut bezieht sich nur auf die Tunneldurchfahrt und hat mit den anderen Autobahnen in Österreich nichts zu tun.
Es besteht auch die Möglichkeit, eine Jahresmautkarte zu kaufen, was für alle interessant ist, die vielleicht auf der anderen Seite des Tauerntunnel arbeiten und den Weg oft benutzen. Wer sich für diese Maut entscheidet, der zahlt einmalig 95,- Euro und kann den Tauerntunnel dann für ein Jahr nutzen. Alle, die sich lange Wartezeiten vor den Mautstellen in Eben und in St. Michael ersparen wollen, die haben auch die Möglichkeit sich eine Videomautkarte zu besorgen. Vor allem in den Ferien, wenn bis zu 2.200 Fahrzeuge pro Stunde durch den Tauerntunnel fahren, kommt es vor allem an den Mautstellen nicht selten zu langen Staus.
Nach dem Bau der zweiten Tunnelröhre und der umfangreichen Sanierung der ersten Röhre gilt der Tauerntunnel heute als einer der sichersten und schnellsten Tunnel in Europa.
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